Schulversuch: Jahrgangsgemischte Grundschule
Erweiterung des Konzeptes zum Flexiblen Schulanfang an der Grundschule Hönebach

1. Flexibler Schulanfang an der Grundschule Hönebach
Seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 setzt die Grundschule Hönebach den Flexiblen Schulanfang an ihrer Schule um.
Die Kinder arbeiten während des ersten und zweiten Schuljahres in altersgemischten Lerngruppen und erfahren, dass persönliche Unterschiede selbstverständlich sind. Das von- und miteinander Lernen wird unterstützt.
Durch die individuelle Verweildauer im Flexiblen Schulanfang zwischen 1 und 3 Jahren kann den speziellen Bedürfnissen und der optimalen Förderung der Schüler besser entsprochen werden.
In der Regel durchlaufen die Kinder den Flexiblen Schulanfang in zwei Jahren.

2. Jahrgangsmischung im 3./4. Schuljahr / Ausgangslage

Das Prinzip der Altersmischung, das die Kinder aus der Flexiblen Eingangsstufe bereits gewohnt sind, wird in der zweiklassigen Hönebacher Grundschule auch im 3. und 4. Schuljahr umgesetzt. Das 3. und 4. Schuljahr wird zu einer Einheit verbunden und die Kinder werden jahrgangsübergreifend unterrichtet.
Damit konnten über viele Jahre hin sehr gute Erfahrungen gemacht werden, die das Lern-, Arbeits-, besonders aber auch das Sozialverhalten der Kinder betreffen. Die Unterschiedlichkeit der Kinder wird als Bereicherung für das Zusammenleben und Zusammenlernen verstanden. Gegenseitige Lernanregungen und Unterstützungen können genutzt werden.
Durch speziell abgestimmte Angebote und Aufgaben werden die Kinder während des Klassenunterrichts und/oder in den Kleingruppen gefördert und gefordert. Es werden verschiedene Lernwege für unterschiedliche Lernvoraussetzungen ermöglicht.
Für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch hat sich dabei das zeitweilige Bilden von Kleingruppenbewährt, da hierdurch gezielter an einzelnen Lerninhaltenin den Leistungs- oder Jahrgangsgruppen gearbeitet werden konnte.
Daneben gibt es weiterhin Unterrichtszeiten und Unterrichtsformen, in denen alle Schüler zur gleichen Zeit an ähnlichen Aufgabenstellungen arbeiten. Dem Helferprinzip kommt in der jahrgangsgemischten Klasse dabei besondere Bedeutung zu.

3. Entwicklungsmöglichkeiten der Jahrgangsmischung im 3./4. Schuljahr

Durch die Teilnahme am Schulversuch und seiner pädagogischen Begleitung ist die Chance gegeben, den Unterricht an der Hönebacher Schule weiter in Richtung Förder- und Kompetenzorientierung zu entwickeln.
Da bereits langjährige Erfahrungen über das Unterrichten in heterogenen Lerngruppen vorliegen, ist der Schritt in Richtung weitere Flexibilisierung eher klein.
Die Schulleitung und das Kollegium fühlen sich gut vorbereitet auf die neuen Anforderungen so dass anzunehmen ist, dass sichdie Grundschule Hönebach erfolgreich in den Schulversuch einbringen kann.
Die vorgesehene Teilnahme eines Schulmitgliedes an der einjährigen Qualifizierungsmaßnahme wird dabei hilfreich sein. Sie hängt allerdings davon ab, ob die Fortbildungsveranstaltungen - wie im Schreiben des KMK vom 17.04.2015 anvisiert - im regionalen Umfeld stattfinden wird.
Durch die erhoffte klassenbezogene Zuweisung für die Jahrgangsstufe 3/4 wird es möglich sein, in einem größeren Rahmen als bisher Doppelsteckungen von Lehrerinnen vorzunehmen, so dass diese vermehrt mit Hilfe adaptiver Lernangebote und spezieller Fördermaßnahmen auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingehen könnten.
Dies wird als wichtige und notwendige Unterstützungsmaßnahme angesehen, die dem Zweck der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung dient.

4. Pädagogische und strukturelle Fortführung der Jahrgangsmischung
im 3./4. Schuljahr

Das Grundverständnis und die Schwerpunkte der Arbeit im jahrgangsgemischten Unterricht sind in Schulprogramm der Grundschule Hönebach verankert und dort ausführlich ausgeführt.
Das Leitbild der Schule spiegelt die Idee der Jahrgangsmischung wider: gemeinsam reden - gemeinsam lernen - gemeinsam leben.

Bezüglich der Organisation des Schulversuches "Jahrgangsgemischte Grundschule" ist die Grundschule Hönebach bestrebt, die Organisation des Lehren und Lernens unter folgenden Aspekten weiter zu fördern und auszubauen:

• Personelle Verschränkung

Für Schulkinder ist ein hohes Maß an Kontinuität von Bedeutung. Aus diesem
Grund sollen die Kinder mindestens zwei Bezugspersonen in ihrer Grundschulzeit
durchgängig zur Verfügung haben. Soweit es möglich ist, soll eine Lehrerin aus
der Flexiblen Eingangsstufe mindestens ein Fach im 3./4. Jahrgang weiter führen.
Die flexible Eingangsphase soll nach Möglichkeit - wie bisher schon - zwei Jahre lang in der Hand einer Klassenlehrerin bleiben. Der Einsatz von Fachlehrern ist dabei durchaus erwünscht, damit ein Klassenlehrerwechsel von der 1/2 zur 3/4 möglichst reibungslos verlaufen kann.

• Rituale

Durch verschiedene vom gesamten Kollegium festgelegte Rituale, Regeln und
Organisationsformen soll der Übergang von der Flexiblen Eingangsphase in den
3./4. Jahrgang erleichtert werden. Als einige Beispiele wären zu nennen: Beginn der Woche im Morgenkreis, gemeinsame Frühstückspause,Klassendienstsystem, Gesprächsregeln,festgelegte und notierte Verhaltensregeln, Zeichen und Symbole wie Ruhezeichen und Fleißsternchen, Unterbringung von persönlichen Materialien in Körben, Organisation und Farben bei Stehordnern und Mappen.

• Fach-, jahrgangs- und leistungsbezogenes Lernen

Die Jahrgangsmischung stellt an der Grundschule Hönebach ein durchgängiges Prinzip dar. Beibehalten werden Formen des fach-, leistungs- und jahrgangsbezogenen Lernens. Dieses orientiert sich am Kerncurriculum und den Bildungsstandards und den eingeführten Lehrwerken.
Die Lerninhalte werden dabei im Sinne eines Spiralcurriculums umgesetzt.

• Adaptive Lernangebote

In allen Fächern sind Formen der Individualisierung und Binnendifferenzierung vorgesehen. Es soll den Kindern ein Angebot eröffnet werden, ihr Lernen selbst zu steuern und zu gestalten. Dabei werden verschiedene Arbeitsformeneingesetzt wie Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Vorträge usw.

• Leistungsbeurteilung

Vom gesamten Kollegium sind Vereinbarungen und Absprachen zur einheitlichen Leistungsbeurteilung festzulegen. Dies ist umso wichtiger, wenn zwei oder mehr Kolleginnen in den jahrgangsgemischten Klassen eingesetzt sind.
Neben der Notengebung sind alternative Leistungsbeschreibungen denkbar wie etwa Kompetenzraster, verbale Beurteilungen, Portfolioarbeit, Lerntagebuch oder Lerngespräch.
Die Eltern sollen darüber informiert und in die Leistungsentwicklung des Kindes einbezogen werden.

• Förderunterricht

Bisher nahmen alle Schülerinnen und Schüler im Laufe des Schuljahres am Förderunterricht in Kleingruppen teil. Die Gruppen wurden nach inhaltlichen und leistungsbezogenen Aspekten gebildet, die sich überwiegend an den Jahrgangsstufen orientierten.
Es gab dabei Fördergruppen für Kinder, die noch etwas wiederholen und üben sollten. In den Fordergruppen wurden die leistungsstärkeren und wissbegierigeren Kinder ermuntert, sich mit anspruchsvolleren Inhalten auseinanderzusetzen.
Es ist geplant, die individuelle Förderung der Kinder - stärker noch als bisher - nicht in Kleingruppen zu organisieren, sondern im regulären Unterricht zu integrieren.

• Helfersystem

Kinder unterschiedlichen Alters regen sich beim Lernen besonders an, sich
gegenseitig zu helfen. Ältere Kinder lernen, indem sie selbst etwas erklären sollen
und den Sachverhalt somit reflektieren und in Worte fassen müssen. Jüngere Kinder
nehmen diese Hilfen meist sehr gern an. Dies hat positive Auswirkungen auf das
Sozialverhalten der Schüler, aber auch auf ihr Rollenverhalten, denn sie befinden sich
im Laufe ihrer Grundschulzeit sowohl als Helfer als auch als Hilfesuchende.
Das Helfersystem soll jedoch in Maßen eingesetzt werden, damit allen Schülern
möglich ist, die eigenen Aufgaben angemessen zu erledigen.

• Diagnoseverfahren zur Bestimmung der Lernausgangslage und Förderdiagnostik

Um die Lernvoraussetzungen individuell bestimmen zu können, werden spezielle Diagnoseverfahren eingesetzt, die sich bewährt haben oder die sich aus den im Unterricht eingesetzten Lehrwerken ergeben.
Der Förderdiagnostik kommt in der Jahrgangsgemischten Grundschule eine besondere Bedeutung zu, da hierdurch die Grundlagen für die Lernangebote geschaffen werden.
An der Hönebacher Schule sollen die förderdiagnostischen Aspekte daher auch im 3. und 4. Schuljahr weiter entwickelt werden.

• Evaluation

Zur Qualitätssicherung werden die im Schulprogramm verankerten normierten Test und die Lernstandserhebungen herangezogen und ausgewertet. Darüberhinaus werden die im Schulversuch vorgesehenen Evaluationsmaßnahmen eingesetzt. Auch die vorgeschriebenen regelmäßigen Klassenarbeiten und Tests dienen der Qualitätssicherung und geben den Lehrerinnen einen Überblick über den Lernstand der Schüler.
Bei den wöchentlichen Zusammenkünften der Lehrerinnen soll eine mündliche Evaluation zu speziellen, wechselnden Aspekten des Unterrichts stattfinden.

• Reflektion und Präsentation

Im Anschluss an Arbeitsphasen in den Klein- und in der Gesamtgruppe sollen Möglichkeiten geboten werden, Lernprozesse zu reflektieren und Ergebnisse zu präsentieren, welche sich nach dem jeweiligen Entwicklungs- und Lernstandstand des Kindes richten.
Ein wesentlicher Bestandteil ist neben der Selbstreflektion auch die Rückmeldung der jeweiligen Lehrkraft.
Die Reflektionsmaßnahmen wurden von allen Lehrerinnen gemeinsam abgesprochen und sind im Schulprogramm verankert.

• Zusammenarbeit mit Freiwilligenkräften und Eltern

Der Einsatz von Eltern und Freiwilligenkräften (z. B. Volunta-Freiwilligenkraft) hat sich gerade in den jahrgangsübergreifenden Klassen sehr bewährt, da sich hierdurch gezielt mit einzelnen Kindern beschäftigt werden konnte. So können einzelne Kinder beispielsweise während der Tagesplanarbeit mit einer "Leseoma" im Nebenraum lesen und sich über den Inhalt des Gelesenen vertiefend unterhalten.
Regelmäßige Gespräche und eine gute Kooperation mit den Eltern stellen eine wichtige Maßnahme zur jeweiligen Einschätzung des einzelnen Kindes dar und dienen dem Wohle des Kindes. Die Unterstützung durch die Elternschaft ermöglicht darüberhinaus die Durchführung vieler schöner Projekte und Aktionen, was wiederum die gesamte Schulgemeinschaft über den einzelnen Klassenverband hinaus stärkt.

• Zusammenarbeit mit Betreuungskräften am Nachmittag

Auf dem Weg zum weiteren Ausbau der Betreuung wird eine enge Verzahnung zwischen Vormittagsunterricht und Nachmittagsangebote für eine hilfreiche Maßnahme erachtet, um auf individuelle Stärken und Schwächen der Kinder undunterschiedlichen Neigungen weiter eingehen zu können. Die Betreuerinnen führen zum Teil bereits angeleitete Übungen mit einzelnen, etwas leistungsschwächeren Kindern aus und vertiefen Interessen der leistungsstärkeren Kinder durch zusätzliche Angebote.
Gut angenommen werden die Nachmittags-AG's auf freiwilliger Basis, in der Schülerinnen und Schüler aller vier Jahrgangstufen teilnehmen können.Hiermit ist eine komplette Altersmischung gegeben, die wir in diesem Bereich seit einem Schuljahr erfolgreich praktizieren("Jugend trainiert für Olympia", "Einrad-AG", "Jahreszeiten-AG").
Dadurch kann an der Grundschule Hönebach das Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl zusätzlich gestärkt werden.

5. Fazit

Die Schulleitung und das Kollegium sind von der Jahrgangsmischung in den Klassenstufen 3 und 4 und den Möglichkeiten der konzeptionellen Weiterentwicklung überzeugt und möchten dies im Schulprogramm und in den Zielvereinbarungen mit dem Staatlichen Schulamt verankern.
Die Eltern sind über den Schulversuch informiert worden und die Zustimmung der schulischen Gremien liegt vor. Da der jahrgangsübergreifende Unterricht langjähriger Bestandteil unseres Schullebens darstellt, ist in der Schulgemeinde Akzeptanz bei allmählichen Veränderungsprozessen im Sinne einer Weiterentwicklung zu erwarten.
Aus den genannten Gründen nimmt die Grundschule Hönebach am Schulversuch teil.

Literatur
Frau Susanne Dittmar, Herr Dr. Ernst Purmann:
Jahrgangsgemischte Grundschule, Konzeptentwurf zum Schulversuch,
Hess. Kultusministerium, 01.03.2015